dimanche 18 mai 2008

CV Liselotte Saurma (iconographie, Moyen-Age)

Prof. Dr. Lieselotte E. Saurma

Die Professur für Mittelalterliche Kunstgeschichte

Biographie

Geboren und aufgewachsen bin ich in Basel, einer Stadt, in der man sehr unterschiedliche Kräfte als prägende erkennen kann - für den kunsthistorisch geschulten Blick etwa mag deren Spektrum von Jacob Burckhardt bis zur Fasnacht reichen. Die Kleinteiligkeit der Stadt, in der jedes Quartier einen etwas anderen Dialekt spricht, geht mit einem eigenartigen Sinn für das Eigenwillige, Kuriose und Besondere zusammen. Kindheitserlebnisse bei schwermütigen Künstlern wie Max Kämpf, bei Georg Schmidt, dem originellen Querdenker und damaligen Leiter des Kunstmuseums, und Begegnungen mit Privatsammlern "naturvölkischer" Kunst weckten die Neugier auf eine Welt, die so gar nicht mit normaler Schule und prosaischem Wissen verbunden schien.

In den ersten Semestern an der Universität allerdings kam mir dieses mitgebrachte Interesse fast abhanden, ein Vorgang, den ich heute bei vielen Studierenden ebenfalls erlebe. Kunstbegeisterung läßt sich nur schwer in ein akademisches Nachdenken über Kunst überführen, fordert doch der analytische Zugang zunächst eine gewisse Distanz, die man ungern aufbringt. Einige Zeit blieb denn mein Dilemma, ob nun Kunstgeschichte oder Völkerkunde das Hauptfach würde, ungelöst. Über die Auseinandersetzung mit fremden Kulturen, dort vor allem wiederum mit deren Kunst, wurde der Blick auch für Fragen an die mitteleuropäische Kunst geschärft. Fast selbstverständlich begann ich mich daher mit Werken zu beschäftigen, die auf uns fremd, wenn nicht gar befremdlich wirken.

Spätmittelalterliche Kunst, aber nicht nur als solche, sondern vor allem ihre gesellschaftliche Funktion, beispielsweise in einem städtischen oder adeligen Kontext, sollte dann über nahezu zwei Jahrzehnte mein wichtigstes Forschungsgebiet werden. Nicht zuletzt wegen der wieder entdeckten Liebe zum Objekt in seiner geschichtlichen Ausstrahlung lag es nahe, illuminierte Bücher zu untersuchen, gehören doch Handschriften zu den wenigen Gegenständen der Kunstgeschichte, die man auch als studierender Laie noch mit Vorsicht in die Hände nehmen darf und nicht nur in Vitrinen oder anhand von Fotos untersuchen kann.

Durch die Frage nach dem Bezug zu einem Umfeld stellten sich in meinen Untersuchungen Klassiker der Weltliteratur, wie etwa der "Parzival" des Wolfram von Eschenbach, für die Zeit des 15. Jahrhunderts als Benimmbücher heraus oder erwiesen sich durch ihre Illustrationen als Musteranweisungen zu frommem Tun. So sind denn Fragen zum Funktionswandel solcher Bilder, deren Verhältnis zum Text sich im Verlaufe der Rezeption eines literarischen Werkes ändert, in den letzten Jahren zunehmend in den Vordergrund meiner Interessen geraten. Welche Gründe könnten beispielsweise dafür vorliegen, daß ein Auftraggeber einen bis dahin noch nie illustrierten Text mit Bildern versehen läßt? Was bewirken Bilder überhaupt, etwa im Zusammenhang eines Textes? Solche Themen führen zwangsläufig dazu, auch nach den historischen, den theologischen und politischen, oder ganz allgemein, den gesellschaftlichen Hintergründen der Werke zu suchen. Konsequenterweise war dann auch die früh- und hochmittelalterliche Zeit einzubeziehen, stehen Bilder doch immer in einer bestimmten Tradition und dienen ihrerseits wieder als Vorbilder für spätere Weisen der Veranschaulichung.

Nach Abschluß des Studiums war mir zunächst eine Stelle zur Inventarisierung von mittelalterlichen Handschriften angeboten worden, die eigentlich mit einer Bibliothekslaufbahn verbunden gewesen wäre. Für meinen beruflichen Werdegang war aber eine zufällig frei gewordene Basler Assistentenstelle ausschlaggebend, auch wenn mir dies damals natürlich nicht so klar war. Unerwartet war nun für mich die Erfahrung des Unterrichtens, stehen Assistenten in der Schweiz doch die gesamten Möglichkeiten bis zur Vorlesung im Auftrag des Professors offen. In der Übermittlung meiner eigenen Sicht auf Kunstwerke, auf Künstler und zeitgenössische oder spätere Betrachter, wie auch im gemeinsamen Erarbeiten eines zunächst nur erahnten neuen Verständnisses sah ich den Sinn meiner neuen Tätigkeit.

Die Habilitation in Berlin, die mit dem Angebot auf eine Dozentur verbunden gewesen war, führte mich dann über eine Vertretung in München auf eine Professur für mittelalterliche Kunstgeschichte nach Frankfurt. Dort erhielt ich den Ruf an die Universität Heidelberg, wo ich seit dem Sommersemester 1995 lehre.

Die Zielvorstellungen meiner Lehre und meiner Forschung ergänzen sich zwar, sind aber keineswegs die gleichen. In der Lehre liegt mir sehr viel daran, gerade auch bei jenen Studierenden, die sich vielleicht nur ein Semester die Zeit nehmen, eine Veranstaltung zum Mittelalter zu besuchen, Neugierde und Spannung zu wecken. Zugleich soll ihnen an einer Epoche oder einem Thema deutlich werden, wie sehr diese so fremden Jahrhunderte zwischen 500 und 1500 uns alle noch angehen. Sie sollen - vor allem in Seminaren - lernen, Objekte in historischen Perspektiven - in verschiedenen denkbaren und nicht einer einzig zutreffenden - zu sehen, und dabei vielleicht auch jene oft lebenswichtigen Fragen zu finden, die ihnen den Antrieb zu weiterer Arbeit verschaffen.

Die Berufsfelder der Kunstgeschichte sind so vielfältig, daß mir Offenheit im Umgang mit den Objekten als eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Einstieg in den Beruf erscheint. Das Grundlagenwissen, das selbstverständlich ebenfalls vermittelt werden muß, beginnt nach meiner Erfahrung erst zu leben, wenn man gelernt hat, damit kreativ umzugehen. Auch mir gelingt es nicht, jungen Studierenden, die einfach aus "bloßem Interesse" an Kunst mit Kunstgeschichte beginnen, die Trauer über den Verlust ihrer primären Begeisterung für das Schöne zu nehmen. Ich hoffe aber doch, anstelle eines unreflektierten Zugangs ein Interesse wecken zu können, das dazu befähigt, in ganz unterschiedlichen Berufen die Bedeutung von Kunst und Geschichte für unsere Kultur wachzuhalten und weiterzugeben. Ein besonderes Anliegen ist mir, gerade bei dem sehr hohen Anteil von Frauen, die dieses Fach studieren, jungen Studentinnen zu helfen, zügig - und wenn möglich planvoller, als ich dies vermochte - in der faszinierenden Fülle künstlerischen Schaffens und Erlebens jene Bereiche zu finden, in denen sie ihre Fähigkeiten für sich genauer erfahrbar machen und sinnvoll einsetzen können.

Forschung und Lehre

Zwei Bereiche standen bisher im Zentrum meiner Forschung: die Gattung der Buchmalerei und die Kunst der nordeuropäischen Gebiete des Hoch- und Spätmittelalters. Dabei habe ich mit unterschiedlichem methodischem Zugang versucht, die Kunstwerke in ihren jeweiligen historischen Zusammenhang zu stellen und zugleich die Vielfalt ihrer Bezugs- und Deutungsmöglichkeiten im Auge zu behalten. Fragen nach den Herstellungsbedingungen - wie Werkstatt- und Künstlerkonstellation, aber auch Material- und Vorlagenbeschaffung - sind ebenso berücksichtigt worden wie die Funktion der Objekte, die Interessen der Auftraggeber bzw. der Rezipienten. Die Buchmalerei hat sich mir für diese Interessen besonders angeboten, geben doch Untersuchungen zum Verhältnis des Bildes zum Text Einblick in die jeweilige Interpretation des Textes, die das Bild zu leisten hat, was wiederum Rückschlüsse auf seine Funktion und seine Rezipienten erlaubt. Arbeiten zum Mäzenatentum des ottonischen Bischofs Bernward von Hildesheim, zu städtischen und adeligen Auftraggeberkreisen (Manesse-Handschrift, Werkstatt Diebold Laubers, Spiezer Chronik) wie auch eine Reihe von Bild-Textuntersuchungen (Illustrationen zu "Parzival", "Wilhelm von Orlens", "Nibelungenlied") liegen vor. Zwei größere Projekte sind in Arbeit: Eine Publikation zur Werkstatt Diebold Laubers und eine Untersuchung der Visionsdarstellungen bei Hildegard von Bingen. Zur Zeit konzentriert sich mein Interesse auf die unterschiedlichen Darstellungsformen von normierten Verhaltensweisen und Emotionen. Darüber hinaus sind Forschungsvorhaben zu den neuen Ausstattungsprogrammen des 13. Jahrhunderts im deutschen Reich und zur städtischen Ikonographie im Spätmittelalter geplant.

Das Ziel meiner Lehre ist es, die Kunstwerke mit ihrem historischen, politischen und mentalitätsgeschichtlichen Hintergrund darzustellen. Ein interdisziplinäres Arbeiten - d. h. unter Berücksichtigung der politischen und kirchlichen Geschichte, der jeweiligen zeitgenössischen Literatur und der Alltagskultur - ist mir ein großes Anliegen. Den Studierenden möchte ich sowohl Grundlagenwissen in den vertrauten Gebieten der Stil- und Inhaltsanalyse vermitteln, als auch einen Zugang zu anderen methodischen Richtungen der Kunstgeschichte eröffnen.


Aus: http://www.khi.uni-heidelberg.de/

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